Nach dem Zweiten Weltkrieg, als unter schwierigsten Bedingungen erste Fastnachtsveranstaltungen in Frankfurt stattfanden, gründeten sich alte Fastnachtsvereine neu, neue kamen hinzu. Einen Dachverband gab es jedoch zunächst nicht
Der frühere Dachverband, der Frankfurter Karnevalbund,
der 1927 gegründet worden war, wurde 1936 aufgelöst. Das freie Wort des Narren war und ist mit einem diktatorischen Regime nicht vereinbar.
Auf Initiative des 1. Protokollers des Frankfurter Carneval-Club von 1888, Karl Linker, gründeten die Vertreter von 21 Frankfurter Fastnachtsvereinen am 1. August 1949 im Bornheimer Schmärrnche den Grossen Rat der Karnevalvereine Frankfurt am Main e.V.
Zum Präsidenten wurde Fritz Stein, letzter Präsident des Frankfurter Karnevalbundes, gewählt. Sein Stellvertreter wurde Karl Linker. Die Kasse wurde von Schatzmeister Robert Krüger verwaltet, Schriftführer im ersten Präsidium war Richard Henning. Als Beisitzer wählten die Delegierten Peter Ramberger, Karl
Wingens und Bernhard Lano.
Nach zwei Jahren wurde Karl Linker zum Präsidenten des Grossen Rates gewählt. Die Tragweite seines Wirkens ist noch heute spürbar. So lief am 15. Februar 1953 der erste Fastnachtszug des Grossen Rates durch die Frankfurter Innenstadt und wurde fortan immer im Herzen der Stadt veranstaltet. Die umfangreiche Geschichte der Frankfurter Fastnachtsumzüge wird in diesem Heft ebenfalls ausführlich dargestellt.
Auf das Jahr 1953 geht eine zweite Tradition der Frankfurter Fastnacht zurück.
Erstmals gab es das Frankfurter Prinzenpaar des Grossen Rates. Das erste Prinzenpaar des Grossen Rates bildeten EKO I. und Inge 1., mit bürgerlichem Namen Hans (EKO für Essig-Kolb) und Inge Kolb. Damit wurde eine Tradition begründet, ohne die die heutige Fastnacht nicht mehr vorstellbar ist. In der langen Reihe der Frankfurter Prinzenpaare finden sich eben Persönlichkeiten aus der Wirtschaft auch Sportler, wie der Ringer und Olympiateilnehmer
Max Leichter (1954) und die Weltmeisterin im Rollschuhtanz Marga Schäfer (1956), sowie Menschen aus dem Showgeschäft wie zum Beispiel Karl-Heinz Stier und Michaele Scherenberg, die im Jahr 2002 die Regentschaft innehatten. Seit 1954 wird das Prinzenpaar durch eine feierliche Inthronisation in sein Amt Max und Margerethe Leichter
eingeführt, die traditionell zu den und Oberbürgermeister Walter Kolb (1954)
Höhepunkten der Fastnachtssession zählt.
Im gleichen Jahr wurde zur Förderung der Fastnachtstradition der Ehrensenat des Grossen Rates ins Leben gerufen, dem bis heute zahlreiche Persönlichkeiten des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens der Stadt Frankfurt angehören. Dem Ehrensenat verdankt die Frankfurter Fastnacht ein gut Teil ihres Erfolges in den vergangenen Jahrzehnten. Präsident des Ehrensenats ist traditionell der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, derzeit also Petra Roth . Als erster Präsident ging der unvergessene Oberbürgermeister Dr. Walter Kolb in die Geschichte ein, der als gebürtiger Bonner nicht nur ein offenes Ohr für die Belange der Narretei hatte, sondern sich auch persönlich überaus aktiv am närrischen Geschehen beteiligte
Einen weiteren Höhepunkt der Kampagne bildete seit 1955 in Frankfurt die Karnevalistische Festaufführung in der Oper, die jeweils am Freitag vor Fastnacht stattfand. Dabei wurde das regulär auf dem Spielplan stehende Stück um karnevalistische Einlagen erweitert. Im Anschluss daran vergnügten sich zudem seit 1974 zahlreiche Frankfurter auf dem opulenten Ball in der Oper, auf dem zwei Big Bands zum Tanz aufspielten. Diese beiden Veranstaltungen wurden bis in die späten achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchgeführt.
Zum Sturm auf das Rathaus bliesen die Frankfurter Narren erstmals am Fastnachtssamstag des Jahres 1955. Seitdem werden die Schlüssel der Stadt alljährlich am Fastnachtssamstag an die Fastnachter übergeben, nachdem vorher das Rathaus mit Konfettikanonen beschossen wurde. Die Narren regieren danach bis zum Aschermittwoch die Stadt. Zu diesem Anlass wird auch über den amtierenden Oberbürgermeister
"zu Gericht" gesessen und die "Untaten" des abgelaufenen Jahres
symbolisch bestraft. Hierbei fungiert bereits seit einigen Jahren der namhafte Fastnachter Karl Oertl als Richter.
Die Nachkriegsgeschichte der Frankfurter Fastnacht und mit ihr die des Grossen
Rates wurde zunächst von der Kampagne 1956 gekrönt. Zum 100-jährigen Bestehen der vereinsgebundenen Fastnacht in Frankfurt, das auf die Gründung der ersten Frankfurter Fastnachtsvereinigung, der Bittern, im Jahr 1856 zurückgeht, wurde die Fastnacht mit bis dahin nie gekanntem Aufwand und mit großer Begeisterung gefeiert. Selbst die amerikanischen Militärbehörden beteiligten sich an einigen Veranstaltungen und sind bis heute ein treuer Begleiter und Förderer der Frankfurter Fastnacht.
Der gewachsene Stellenwert und die neue Weltoffenheit der Frankfurter Narren zeigte sich durch Reisen des Prinzenpaares Henri I. und Marga I. nach Berlin und sogar über den großen Teich, wo man mit dem New Yorker Oberbürgermeister Wagner zusammentraf.
Diese für die damalige Zeit gewaltige Reise wurde vom Ehrensenator des Grossen Rates, Generalkonsul Bruno H. Schubert, ermöglicht, der bis zum heutigen Tage ein großer Freund der Fastnacht geblieben ist.
Natürlich blieben auch Rückschläge nicht aus. Wegen Naturkatastrophen, Unglücken oder sogar aufgrund (welt-)politischer Ereignisse wurden insgesamt zwei Kampagnen nicht durchgeführt. 1962 wurden sukzessive die überwiegende Mehrzahl der geplanten Veranstaltungen einschließlich des Fastnachtszuges abgesagt. Grund waren das verheerende Grubenunglück im saarländischen Völklingen im Februar 1962, bei dem zahlreiche Bergleute ums Leben kamen, sowie die große Sturmflut, die weite Teile Norddeutschlands verwüstete. Auch im Jahr 1991 kam es aufgrund des Golfkrieges im gesamten Bundesgebiet zur Absage der meisten Fastnachtsveranstaltungen. Unter den finanziellen Folgen der Absagen litten die Vereine oft mehrere Jahre, wodurch naturgemäß auch der Grosse Rat stark beeinträchtigt wurde.
Der Grosse Rat hat sich zu einem erheblichen Teil auch der Jugendarbeit verschrieben. Hierfür steht neben der alljährlichen Kindersitzung auch die
Frankfurter Gardeolympiade, die der Grosse Rat auf Initiative des seinerzeitigen Präsidenten Dr. Georg Korneli erstmals am 12. Januar 1964 im Heddernheimer Klubhaus veranstaltete
Sieger der ersten Gardeolympiade wurde im Gardetanz der Niederräder Carneval Verein und im Schautanz die Sachsenhäuser Karnevalgesellschaft von 1947. Bei der Gardeolympiade messen sich in sportlichem Wettstreit sowohl Solistinnen und Tanzpaare als auch Tanzgruppen in mehreren Kategorien.
Unter anderem wird bei der Olympiade ermittelt, welche der zahlreichen Frankfurter Garden die Inthronisation des Prinzenpaares tänzerisch begleitet. Aus der Gardeolympiade sind mit dem Tanzfest der Kindergarden und dem Tanzcorps der Frankfurter Garden zwei weitere außergewöhnliche
Einrichtungen im Bereich des karnevalistischen Tanzes hervorgegangen. Auf dem Kindertanzfest zeigen sich bereits die kleinsten Nachwuchstänzer alljährlich mit bereits beeindruckenden Leistungen. Aus den besten Tänzern aller Garden rekrutiert sich die Frankfurtgarde, die bei offiziellen Anlässen des Grossen Rates, zum Beispiel der Inthronisation des Prinzenpaares, auftritt und von Helga Gärtig trainiert wird. Diese Einrichtungen erfreuen sich großer Beliebtheit und sind
mit verantwortlich für den bis heute
sogar international hervorragenden Ruf unserer Frankfurter Garden.
Großes Prestige hat sich die Frankfurter Fastnacht
durch ihre langjährige Präsenz im Fernsehen erworben. Schon in den sechziger Jahren übertrug der Hessische Rundfunk in seinem dritten Programm und in der ARD die Inthronisationssitzung mit Dr. Korneli als
Sitzungspräsident.
Durch das hohe Niveau der gezeigten Beiträge konnte man auch überregional großes Publikumsinteresse und Anerkennung erreichen.
Die über Astra 1 C europaweit ausgestrahlte Inthronisationssitzung des Grossen Rates hat in der Vergangenheit bereits viele internationale und heimische Stars aus dem Musik- und Showbusiness angezogen.