Für die Frauen in die Bütt

Närrischer Schlagabtausch: Kerstin Cikac bietet ihrem Partner Axel Heilmann auf der Bühne Paroli. Foto Lando Hass

Für die Frauen in die Bütt

Kerstin Cikac wagt sich als spätberufene Debütantin auf die Fastnachtsbühnen. Sie spricht von einer Herzensangelegenheit.                                 Von Daniel Meuren

 

Es herrscht dicke Luft im Umkleideraum. Axel Heilmann lästert über das Auftreten seiner Partnerin Kerstin Cikac. „Wie siehst Du denn wieder aus!“, plärrt er durch den kleinen Raum im Keller. „Guck dich doch selbst mal im Spiegel an!“, erwidert Cikac genauso unfreundlich. „Das sind nur Aufwärmübungen“, beruhigt sie sogleich und lacht. „Wenn wir uns jetzt hier zu freundlich unterhalten würden, dann könnten wir uns auf der Bühne auch nicht bekriegen.“ 

 

Und darum geht es ihr: Bei der Sitzung der Karnevalsgesellschaft Narrhalla 1948 im Saalbau Volkshaus Enkheim will sie ihrem Lebenspartner in wenigen Minuten „Kontra geben“. Erstmals tritt die 42 Jahre alte kaufmännische Angestellte in dieser Fastnachtskampagne in die Bütt, sie ist Debütantin im Umgang mit dem gesprochenen Wort. „Ich war zwar schon als Tänzerin aktiv, aber da oben zu stehen und zu reden, das ist wirklich noch mal was ganz anderes“, sagt Cikac, die auch Schriftführerin im Großen Rat ist und Sitzungspräsidentin bei den Fidelen

Bockemmern sowie bei den „Eulen“. 

 

Erst ein Auftritt mit Heilmann, mit dem sie seit anderthalb Jahrzehnten liiert ist, bei der Hochzeit eines befreundeten Paares, hat ihr letztlich den nötigen Schub gegeben. „Wir haben da eine Einlage aufgeführt, die recht nah an dem war, was wir jetzt machen. Es kam gut an, auch meine beste Freundin hat  mich ermuntert,

und dann habe ich mich überzeugen lassen, auch in der Fastnacht auf die Bühne zu gehen“, sagt Cikac. 

 

Heilmann ist ein Bühnen-Routinier und als Präsident des Großen Rats der Frankfurter Fastnachtsvereine eine „Rampensau“ der Frankfurter Fastnacht. Seit vielen Kampagnen tourt er erfolgreich mit der Jahr für Jahr neu geschriebenen Nummer als „Mann, der Angst hat vor seiner Frau“ durch die Säle. Kerstin Cikac war dabei gewissermaßen unsichtbar immer mit auf der Bühne. Denn im wahren Leben ist sie ja nun mal die Partnerin Heilmanns, die dieser – natürlich rein fiktiv – auf der Bühne als fiese, unausstehliche Person darstellt. „Natürlich weiß jeder, dass Axel da auf der Bühne nicht über mich redet, sondern über eine erfundene Schreckschraube“, sagt Cikac. „Aber dennoch hat es immer ein wenig in mir gebrodelt, da auch mal was erwidern zu können.“ 

 

Nun kann sie das endlich, weil sie seit dieser Kampagne mit auf die Bühne geht. Als der Narrhallamarsch für die zuvor aufgetretene Musikgruppe ertönt, steigt freilich erst einmal die Nervosität. Cikac richtet sich zum vierten oder fünften Mal das blaue Kleid und den gelben Gürtel. Dann fängt Heilmann erst einmal solo auf der Bühne mit seinen Unverschämtheiten gegen seine Frau an. Im Saal steht Cikac schließlich auf, lamentierend schreitet sie zur Bühne und beginnt mit den Worten „Seit Jahren muss ich mir dem seinen Mist anhören. Es reicht, es reicht“, sagt sie. Gut elf Minuten und elf Sekunden lang liefert sie sich anschließend einen Schlagabtausch mit Heilmann, der das Publikum zum Lachen und Mitmachen animiert. Immer wieder fordern die beiden abwechselnd die „Männer!“ und „Mädels!“ im Saal zu Unterstützung auf. „Männer gegen Frauen geht immer“, sagt Cikac. „Meist teilt da aber immer nur ein Mann oben auf der Bühne aus, da es nur wenige Frauen in der Fastnacht gibt“, sagte sie. „Auch deshalb gehe ich irgendwie stellvertretend für alle Frauen da hoch.“ 

 

Für jede im Spaß vorgetragene Beleidigung ihres Partners schießt sie mit genauso scharfer Munition zurück, weist auf sein Übergewicht hin und seine Bemühungen, die Ernährung umzustellen, „indem er den Kühlschrank aus der Küche ins Schlafzimmer stellt“. Und auch manch sexuelle Anspielung nagt am Selbstbild des „Gatten“. „Der Weg zur Bühne ist für mich das schlimmste am Auftritt, da werden die Knie weich“, sagt Cikac. „Wenn ich dann da oben stehe, dann ist Axel mit seiner Routine eine sehr gute Stütze.“ 

 

Schon jetzt, nach drei Auftritten in der Fastnacht, ist sich Cikac sicher, dass die Partnerschaft auch auf der Bühne eine Zukunft haben wird. „Fastnacht ist ja sowieso eine Herzensangelegenheit. Wir werden Aschermittwoch mal Bilanz ziehen und sehen, wie wir uns fürs nächste Jahr verbessern können“, sagt sie. „Aber es wird weitergehen, gerade jetzt nach Corona, wo doch manche Aktive verloren gegangen sind, ist es noch mal umso wichtiger, dass sich Leute auf die Bühne trauen.“ 

 

Dazu trägt vermutlich auch bei, dass es sogar auf der Bühne am Ende des Auftritts zur Versöhnung kommt. „Ich liebe dich, mein Schatz, ganz egal, wie du bist“, singt sie „ihrem Axel“ entgegen. Ein Kuss beendet schließlich den Bühnenkrieg.