Närrische Lebenszeichen

Das Warten geht weiter: Auch diese beiden Zugteilnehmerinnen von 2020 müssen auf 2022 hoffen.

 

FRANKFURTER FASTNACHT

VON DANIEL MEUREN – AKTUALISIERT AM 10.02.2021 – 17:53

 

Wenigstens ein bisschen Helau auch in Frankfurt: An den coronagebremsten Fastnachtstagen teilt das Prinzenpaar des Großen Rats Orden aus. Die Fastnachter hoffen zudem auf einen nachhaltigen Digitalisierungsschub durch Corona.

 

Uwe Forstmann hat den Optimismus nicht verloren. Corona hat den Fastnachtern zwar wie so vielen anderen auch einen dicken Strich durch die Planungen gemacht. Aber wo Trostlosigkeit herrscht, da wächst die Narrheit auch. „Etwas Gutes hat Corona: Die Leute merken, dass ihnen an der Fastnacht was fehlt“, sagt der Sprecher des Großen Rats der Frankfurter Fastnachtsvereine. Forstmann hat jedenfalls viele derartige Reaktionen erhalten, die die Fastnachter zugleich ermutigten, nach Absage sämtlicher Sitzungen, Empfänge und Umzüge doch noch ein wenig Arbeit in die eine oder andere Fastnachtsnummer zu investieren neben den Vorbereitungen der Motivwagen schon fürs kommende Jahr.

 

Die Resultate sind von Donnerstagabend an in der Mediathek auf der Internetseite des Großen Rats zu finden. „Pünktlich zu Altweiberfastnacht, wenn dass närrische Treiben richtig losgegangen wäre, ist das wenigstens ein Trostpflaster“, sagt Forstmann.

 

Und so werden Tanznummern zu sehen und Lieder zu hören sein, die ein wenig Fastnachtsstimmung in die Wohnzimmer transportieren sollen. „Da sind ein paar schöne Sachen entstanden“, meint Forstmann. „Am Ende werden wir uns ja alle fragen, wofür Corona wenigstens ein bisschen gut war: Wir haben als Fastnachter auf jeden Fall über Dinge nachgedacht, die wir sonst nie auf dem Schirm gehabt hätten.“ Wie so viele im Berufsleben seien auch die Narren gezwungen worden, sich mit Digitalisierung zu beschäftigen. Manches werde sicher in den kommenden Kampagnen fortgesetzt.

 

Das Prinzenpaar tourt durch Frankfurt

 

Forstmann ist gespannt, was zum Wochenende noch an spontanen Aktionen aus den Vereinen ins Netz gestellt wird. „Ich weiß, dass die Nieder-Erlenbacher Bodentrampler was planen, es wird aber gewiss noch die ein oder andere Überraschung geben.“

 

Gesichert ist, dass der Hessische Rundfunk manche Konserve auspackt und beispielsweise am Sonntag zur üblichen Umzugszeit um 13.30 Uhr einen Zusammenschnitt aus früheren Fastnachtszügen zeigen wird. „Ich empfehle, dass sich jeder einen Schoppen bereitstellt, Luftschlangen durch die Wohnung wirft und mit guter Laune ein paar Fastnachtslieder mitschmettert, bis die Nachbarn mit einstimmen“, sagt Forstmann.

 

Es gibt aber auch noch ein analoges Lebenszeichen der Narren: Das Prinzenpaar begibt sich am Samstag auf den zweiten Teil seiner Besuchstour, um auch der

 

zweiten Hälfte der 50 Mitgliedsvereine des Großen Rats seine Aufwartung zu machen. Ihre Lieblichkeit Sandra I. und Ihre Tollität Jonas I. übergeben an einer Handvoll Treffpunkte Orden an jeweils einen Vertreter der Vereine. Das volle Ornat der majestätischen rot-weißen Kostüme mit dem Frankfurter Adler auf der Brust wird dabei in diesem Jahr natürlich ergänzt durch den Mund-Nase-Schutz mit den Insignien des Großen Rats.

 

Sandra Stey und Jonas Nagel waren zu Beginn der Kampagne beide passenderweise zweimal elf Jahre alt, die Rundtour empfinden sie als kleine Entschädigung für all den Spaß, um den sie in ihrer Regentschaft gebracht wurden. „Es ist besser wie gar nix“, sagt Nagel. Er ist wie seine Prinzessin in Bornheim aufgewachsen und bei der Karneval-Gesellschaft 1901 närrisch sozialisiert worden, sie in der Tanzgruppe bei den „Bernemer Käwwern“. Gemeinsam ist ihnen die Ehre zuteil geworden, als erstes Prinzenpaar überhaupt eine zweite Kampagne in Amt und Würden zu sein. Wegen Corona wurde die Regentschaft verlängert, das Motto der Fastnachter für die ausgefallene Kampagne lautete denn auch treffend: „Fast nix mehr ist wie letztes Jahr, nur Frankfurts goldig Prinzenpaar“.

 

Stey und Nagel können also den direkten Vergleich ziehen zwischen zwei höchst unterschiedlichen Kampagnen. „Dieses Corona-Jahr in der Fastnacht mit einer Video-Inthronisation und der Ordenstour auf Abstand ist schon sehr komisch, wenn man im vergangenen Jahr richtige Fastnacht erlebt hat“, sagt Nagel. Dabei kann er sich ein Lachen nicht verkneifen. Der Humor wird also wohl auch diese Kampagne überstehen.